Gewaltfreie Kommunikation

Die Gewaltfreie Kommunikation wurde von dem promovierten Psychologen Marshall Rosenberg gegründet. Seit über 40 Jahren erprobt und lehrt er die Gewaltfreie Kommunikation in mehr als 25 verschiedenen Ländern an Ausbilder, Schüler, Studenten, Eltern, medizinisches und psychologisches Fachpersonal, Militärs, Friedensaktivisten, Anwälte, Gefangene, Polizisten und Geistliche. Er lehrt in Europa und in den USA und reist regelmäßig in die Krisengebiete nach Afrika, Osteuropa und den mittleren Osten, wo er Ausbildungen lehrt und Konfliktmediation anwendet.

Anliegen
In der Gewaltfreien Kommunikation geht es nicht um eine pseudo-harmonische ‚rosa-Wolken‘-Kommunikation, sondern darum sich ehrlich, offen und authentisch auszudrücken, ohne sein Gegenüber anzugreifen. Das Anliegen der Gewaltfreien Kommunikation ist dazu beizutragen, dass wir das bekommen, was wir brauchen.

Wolfssprache und Giraffensprache
Marshall Rosenberg spricht dabei symbolisch von der Wolfs- und Giraffensprache. Der Wolf steht dabei für die innere Haltung, sich schnell angegriffen zu fühlen, sich zu verteidigen, den anderen anzugreifen, zu verletzen oder Forderungen zu stellen und sich selbst abzuwerten. Die Giraffe, die das physisch größte Herz unter den Säugetieren hat steht für ein großes Herz, für Offenheit und Empathie sich selbst und dem anderen gegenüber und dafür, dass sie mit ihrem langen Hals leichter den Überblick behält und besonnen reagieren kann.

Empathie – Einfühlung
Ein zentrales Element in der Gewaltfreien Kommunikation ist die Empathie, die Fähigkeit der Einfühlung. Dabei geht es im ersten nicht darum, mich in mein Gegenüber einzufühlen, sondern zunächst einmal in mir selbst! Welche Gefühle, Gedanken und Impulse werden in mir hervorgerufen und welche unerfüllten Bedürfnisse sind mit ihnen verbunden?
Erste wenn ich dieses für mich geklärt und zum Teil auch gefühlt habe, bin ich in der Lage meinem Gegenüber offen und interessiert für seine Gefühle und Bedürfnisse zu begegnen und mich in seine Situation einzufühlen.
Schließlich spricht Marshall Rosenberg dabei von einem Tanz der gegenseitigen Einfühlung, der immer mit der Einfühlung zu sich selbst beginnt.

Die vier Schritte
Die vier Schritte sind eine Hilfe, um die innere Haltung und fühlende Achtsamkeit der Gewaltfreien Kommunikation zu entwickeln. Werden die vier Schritte dogmatisch verstanden, so verfehlen sie ihr Ziel und werden zu leeren Hülsen.
Die vier Schritte helfen in einer Konfliktsituation, sich seiner Gefühle und Bedürfnisse bewusst zu werden, die Situation, um die es geht klar zu benennen und schließlich eine Bitte an das Gegenüber zu formulieren. Wichtig dabei ist, den anderen nicht anzugreifen, da sonst die Wahrscheinlichkeit, dass der andere einem mit einem offenem Herzen zuhört abnimmt.

1. Situationsbeschreibung
In diesem ersten Schritt geht es darum, die konfliktauslösende Situation klar und präzise ohne Interpretation und Anschuldigungen zu beschreiben.
Zum Beispiel: „Wenn ich sehe, dass du deine dreckige Tasse in die Spüle stellst…“
Oftmals verwenden wir in solchen Situationen bereits Interpretationen in Form der Worte ‚immer‘ oder ’nie‘ oder einen Tonfall der indirekt aggressiv ist, die wiederum die Chance einer wirklich offenen Kommunikation verhindern.
> „Wenn ich sehe/ höre, dass… “

2. Gefühle benennen
Im zweiten Schritt geht es darum, die eigenen Gefühle zu identifizieren und so zu benennen, dass sie nicht indirekt eine Verletzung oder Anschuldigung des Gegenübers sind.
Zum Beispiel: „Bin ich wütend und enttäuscht…“
Auch hier passiert es oft, dass wir nicht von unseren eigenen Gefühlen sprechen, sondern das Verhalten des anderen interpretieren, was potentiell verletzend ist, beispielsweise in Form von: ‚dann fühle ich mich von dir nicht ernst genommen‘.
Hier geht es auch darum, uns einen vielfältigen Wortschatz an Gefühlen anzueignen und die Wahrnehmung unserer Gefühle zu schärfen.
> „fühle ich mich/ bin ich…“

3. Bedürfnisse ausdrücken
Mit jedem Gefühl ist ein erfülltes oder unerfülltes Bedürfnis verbunden. Im dritten Schritt geht es darum, die Bedürfnisse zu identifizieren und auszudrücken, die nicht erfüllt sind. Dabei ist es wichtig zwischen Wünschen und Bedürfnissen zu unterscheiden: mit Bedürfnissen sind Grundbedürfnisse gemeint, wie beispielsweise Nahrung, Schutz, Kontakt, Sicherheit, Wertschätzung, Freiheit, Respekt. Wünsche sind dann jeweils die konkrete Umsetzung der Bedürfnisse. Auf unser Beispiel bezogen könnte es heißen: „weil mein Bedürfnis nach Respekt und Sauberkeit nicht erfüllt ist.“
> „weil mein Bedürfnis nach … nicht erfüllt ist.“

4. Eine konkrete Bitte formulieren
Schließlich geht es im vierten Schritt darum, eine konkrete, gegenwartsbezogene und positive Bitte zu formulieren – keine Forderung! Zum Beispiel: „Bitte ich dich zukünftig deine Tasse nachdem du sie benutzt hast abzuspülen.“
> „Bitte ich dich…“

Am Anfang ist es hilfreich, die vier Schritte in einer Konfliktsituation zunächst für sich alleine durchzugehen und am besten aufzuschreiben.

Schließlich müssen sie natürlich auch situationsangemessen sein: Gegenüber einem Vorgesetzten ist es angemessen, die Situation zu benennen und eine Bitte zu formulieren und die Gefühle und Bedürfnisse für sich zu behalten.