Gestalttherapie

Die Gestalttherapie wurde von den beiden Psychoanalytikern Laura und Fritz Perls begründet. Neben der Psychoanalyse ist der Gestalt-Ansatz beeinflusst von der humanistischen Psychologie, der Existenzphilosophie Martin Bubers, sowie dem Zen-Buddhismus und dem Taoismus.

Humanistische Psychologie
Die humanistische Psychologie sieht den Menschen als ein kreatives, schöpferisches Wesen, das Selbstheilungskräfte besitzt. Sog. ‚Störungen‘ (psychologisch/ psychosomatisch) sind ein kreativer Versuch mit einer herausfordernden Situation umzugehen. Ziel ist es, den einzelnen darin zu unterstützen, seine Potentiale zu entfalten, sein wahres Selbst (im Gegensatz zum Rollenselbst) zu entwickeln und sein Leben authentischer, wahrhaftiger und sinnerfüllter zu leben.

Existenzphilosohie
Nach der Existenzphilosophie sind wir als Menschen gefordert mit unserer Existenz als Mensch umzugehen, auf sie ‚Antworten‘ zu finden und somit Verantwortung zu übernehmen. Besonders Schicksalsschläge oder Kriege können uns am Sinn unserer Existenz zweifeln lassen und zu einem ständigen Ringen mit ihr führen. Martin Buber antwortet darauf mit der Ich-Du-Beziehung: Wenn sich die Ich-Du-Beziehung zu einem Menschen, zur Natur oder zu Gott unmittelbar und authentisch vollzieht, so verleiht sie uns in diesem Moment einen existentiellen Sinn, eine existentielle Bedeutung. Martin Buber sagt, der Mensch wird am Du zum Ich. Dieses dialogische Prinzip ist ein zentraler Bestandteil in der Gestalttherapie: Unmittelbare, authentische Begegnungen zwischen Klient und Therapeut können die eigene Existenz berühren und Wachstum ermöglichen.

Gewahrsein
Inspiriert vom Zen-Buddhismus ist die Entwicklung und Verfeinerung des Gewahrseins ein weiterer wichtiger Aspekt. Unmittelbares Gewahrsein führt in die Gegenwart und zum Kontakt dessen, was ist: Gefühle, Empfindungen, Verhaltensmuster etc. So können unbewusste Gefühle, Bedürfnisse und Muster ins Bewusstsein gelangen.

Gestalt
Unsere Welt besteht aus Gestalten, aus manifesten Formen und Strukturen, die entstehen und vergehen und aufeinander wirken: Menschen, Tiere, Pflanzen, Nationen, Kulturen etc. Und auch in uns sind Gestalten/ Formen zu finden: bestimmte Empfindungen, Gefühle, Gedanken, Verhaltensweisen etc.; und auch sie sind in ständiger Bewegung und entstehen und vergehen.
Manchmal passiert es allerdings, dass Gestalten ‚hängen bleiben‘, dass sie sich an einem Punkt fixieren und in ihrer Bewegung blockieren oder wie eine hängende Schallplatte sich permanent wiederholen: Wenn beispielsweise ein Gefühl oder ein Reaktionsmuster im Leben immer wieder auftaucht, sich quasi ‚im Kreis dreht‘ und gleichzeitig keine Befriedigung und kein kreatives Wachsen stattfinden kann. Hier wird von einer unabgeschlossenen, also noch offenen, unerledigten Gestalt gesprochen. In der Gestalttherapie geht es also darum, Gestalten zu schließen, dass sie ‚rund‘ werden und sich in den Gesamtorganismus integrieren können.

Kontakt
Wachstum geschieht durch Kontakt mit etwas ‚Neuem‘: mit einer äußeren Situation, beispielsweise einem Berufseintritt oder mit inneren Gestalten, wie unbewussten Gefühlen oder Verhaltensweisen, z. B. Trauer, Wut etc. Idealerweise wird nun das ‚Neue‘ vollständig und unmittelbar erfahren (Kontaktvollzug) und kann in der Weise assimiliert werden, wie es dem eigenen Körper-Geist-Organismus optimal zu Gute kommt.
Ist ein vollständiger Kontaktvollzug nicht möglich, so spricht die Gestalttherapie von verschiedenen Kontaktfunktionen (Kontaktmodi), die auftreten können, wie Projektion oder Deflektion (Ablenken/ Verdrängen). Sie führen zu den unabgeschlossenen Gestalten.

Praktisch arbeitet die Gestalttherapie im Hier und Jetzt mit dem gegenwärtigen Erleben; dieses ist nicht selten von vergangenen, unabgeschlossenen Erfahrungen geprägt. Methodisch gibt es eine große Bandbreite von der direkten Arbeit mit Gefühlen und Empfindungen über die Arbeit mit verschiedenen Anteilen, mit kreativem Medien und Rollenspielen bis hin zu Körperarbeit, Aufstellungen und vielem mehr.